"Christo" grüßt zum doppelten Jubiläum

Nageln, was das Zeug hält: Die Goetheschüler offerierten am Samstag zahlreiche Mitmachangebote.

Daran kann ich mich noch genau erinnern: Rektor und Komponist Bruno Matern erläutert Kulissen aus 30 Jahren Singkreis-Musicals, die am Samstag zum Abschluss des Schulfestes an der Fassade der Goetheschule entrollt werden. Bilder: Schilling

Hemsbach. Was passiert, wenn man in Rotkohlsaft Essig träufelt? Wie bastelt man aus einer Plastikbox ein Musikinstrument? Beim Schulfest der Goetheschule anlässlich ihres 110. Geburtstags bieten die Schüler besonders anderen Kindern, aber auch erwachsenen Besuchern allerlei zu erleben und zu entdecken. Bis hin zur eigenen Zukunft, die mehrere Mädchen in einem schummrig verhangenen Raum zu offenbaren verstehen.

Eigentlich werden am Samstagmittag gleich zwei Geburtstage gefeiert: der 110. des Haupthauses und der 100. des Anbaus der Schule. Von zwei verschiedenen Gebäuden ist heute aber nichts mehr zu sehen, nahtlos reihen sich die Klinkersteine der Fassade aneinander. Nach einer Trennlinie hätte man schon gesucht, sagt Rektor Bruno Matern, "aber gefunden haben wir nichts."

Während des Fests agieren die Kinder im Rahmen ihrer jeweiligen Projekte erstaunlich selbstständig. In Schichten seien sie eingeteilt, alles sei genau organisiert, erzählen sie. Wenn manchmal ein Lehrer mit dabei ist, beschränkt er sich darauf, nur kurz mal auszuhelfen.

Juliane, zehn Jahre, beaufsichtigt das Projekt Nagelbrett auf dem Schulhof. In mehrere bemalte Spanplatten darf jeder, der es möchte, Nägel einschlagen. "Aber nur halb", fügt sie hinzu, "wir machen da im Kunstunterricht Landschaften draus." Wie das genau ablaufen wird, weiß sie noch nicht so recht, das Einschlagen der Nägel erfreut aber sich zumindest schon mal großer Beliebtheit.

In einem der Schulräume stehen die menschlichen Sinne im Mittelpunkt. Ein Parcours aus Kieselsteinen, Tannenzapfen, Fell und anderen Materialien kann dort barfuß beschritten werden. Auf der anderen Seite des Raumes versucht sich der siebenjährige Justin am Erzeugen von Tönen mithilfe einiger unterschiedlich gefüllter Gläser. Ein Freund hat um eine leere Pausenbrotbox Gummis gespannt und zupft auf seinem improvisierten Kontrabass. In einem anderen Klassenzimmer führen Schüler mit großen Effekten chemische Experimente vor, unter anderem wie sich Rotkohlsaft farblich verändert, je nachdem, ob man eine Säure oder eine Lauge hinzufügt, wofür das Publikum ihnen Beifall spendet.

In fast jedem Raum der Schule findet irgendein Projekt statt - ein Quiz in einem mit antiken Bänken möblierten Klassenzimmer, eine Kreativwerkstatt, musikalische Darbietungen im Schulhof. Während die Kinder durch Gänge und Zimmer wuseln, sitzen viele Erwachsene draußen auf dem Hof und genießen bei Kaffee und Kuchen, Steak und Bratwurst das Wetter.

Höhepunkt des Jubiläumsfestes ist eine Mischung aus "Christo" und Erinnerung an einen Aspekt, der die Schule innerhalb der letzten Jahrzehnte stark geprägt hat: 14 großformatige Kulissen zu Musicals des Singkreises, die in den letzten 30 Jahren entstanden sind und in der früheren Kulturhalle "Krone" zum Einsatz gekommen waren, werden am Schulhaus entrollt. Urwald, ein Rittersaal, verschiedene Perspektiven von New York sowie Darstellungen sich weit erstreckender Landschaften hüllen einen Teil des Fassade des 1901 gebauten Haupthauses der Schule ein und kleiden ihn in ein farbenfrohes Gewand. Die Kulissen seien "ein Stück Geschichte", einmal der Schule, wo viel an ihnen gearbeitet worden sei, aber auch für ihn ganz persönlich, sagt Rektor und Komponist Matern, der zum Ende des Schuljahres in Pension gehen wird. Der Anblick des bunt verhüllten Schulhauses sei "sicher für alle eine Erinnerung an eine großartige Singkreiszeit". cl

Artikel vom: 23.05.2011